01.12.21

1. Dezember 2021 - Adventskalender

 Diversity-Diskussion in der Weihnachtsmann-Manufactur
von Katja von der Warth

„Nein, nein, nochmals nein! Wie oft soll ich Dir noch erklären, dass der Weihnachtsmann ein rotes Kostüm hat und kein buntes?“ Chefwichtel Lars hat seine Hände in die Seiten gestemmt und steht bedrohlich vor der kleinen Wichtelfrau Dina. Diese sieht ihn trotzig an: „Es ist ein Statement zur Diversity, dem sich auch und gerade der Weihnachtsmann nicht entziehen sollte. Hast Du inzwischen den Mut besessen, es mit dem großen Boss zu besprechen?“ „Jetzt werd´ mal nicht frech, Wichtelchen, ich habe Dir beim letzten Mal schon erklärt, dass der Weihnachtsmann sich nicht in politische Belange einmischt. Wenn ich morgen früh wiederkomme, haben diese Weihnachtsmänner ein rotes Kostüm, verstanden?“ Damit geht Lars immer noch wutschnaubend zurück in sein Büro und Dina?

Dina denkt gar nicht daran, die Kostüme in den Regenbogenfarben durch rote zu ersetzen. Sie schnappt sich eine Diversity- Schokoladen-Weihnachtsmann und eine von den halbnackten Schokoladen-Weihnachtsfrauen und stapft aus der Schokoladen-Manufactur am Nordpol. Staunend sehen die anderen Wichtel ihr nach und dann wieder an ihre eigenen Schokoladen-Werkstücke, denn schließlich ist der Heilige Abend nicht mehr weit.

Dina ist immer noch so außer sich, dass sie glatt und direkt am Vorzimmer-Wichtel vorbeistapft, direkt in das Chefbüro des Weihnachtsmanns. Dieser sieht verdattert von dem Wunschzettel auf, den er gerade studiert, fängt sich aber sofort wieder und sieht Dina gütig über seine Brille hinweg an. „Na, Dina, wo brennt es denn, das Du mich so dringend sprechen musst, dass Du hier so hereinstürmst?“

Dina stellt die Schoko-Weihnachtsfrau auf den Tisch. Der Weihnachtsmann lächelt und sagt: „Ein schöner Gedanke, so eine attraktive Gefährtin zu haben, findest Du nicht, Dina?“ „Doch.“, erwidert Dina lächelnd. „Sie ist wunderschön, hat tolle Proportionen, ihre Attraktivität kann wohl niemand leugnen. Aber sie entspricht leider nicht der Realität, oder, Boss?“ „Nein, das ist ja auch nicht schlimm.“, entgegnet der Weihnachtsmann. „Ein bisschen Phantasie ist doch nicht verboten und viele Menschen glauben ohnehin, dass es uns nicht gibt…“

Nun holt Dina hinter ihrem Rücken den Weihnachtsmann im Regenbogenkostüm hervor und lächelt den Boss gewinnbringend an. „Dieser entspricht auch nicht der Realität, liegt mir aber sehr am Herzen. Lars ist jedoch gegen einen Diversity-Weihnachtsmann.“ Der Boss schweigt und Dina weiß, dass es besser ist, ihn ein wenig die Situation überdenken zu lassen. Schließlich sagt er: „Hol Deine beiden Wichtelmänner von ihrer Arbeit ab, geht nach Hause und macht Euch einen schönen Abend. Morgen früh erwarte ich Euch dann entspannt zum Dienst.“

Dina ist überrascht, dass der Weihnachtsmann weiß, dass sie außerhalb des Dorfs mit zwei Wichtelmännern zusammenlebt. Eigentlich sollte es sie ja nicht wundern, denn er ist schließlich der Weihnachtsmann, aber sie war davon ausgegangen, dass niemand am Nordpol ihr Geheimnis kennt. Dafür nehmen die Drei schließlich extra einen weiten Arbeitsweg in Kauf. Aber was soll´s, wenn der Boss einem in der Hauptsaison einen freien Abend schenkt, sollte man das Beste daraus machen und was das Beste ist, davon hat Dina schon eine ganz genaue Vorstellung.

Schnell holt sie ihr Handy raus und schreibt ihren beiden Liebsten: „Der Weihnachtsmann hat gesagt, dass wir drei jetzt für heute Feierabend machen sollen. Wir sehen uns zu Hause.“  Nach dem Absetzen der Whatsapp geht Dina erst einmal in den Supermarkt. Dann saust sie nach Hause, so schnell ihre Wichtelfüßchen sie tragen. Sie ist immer noch die erste daheim, da sie den Überraschungseffekt auf ihrer Seite hat. Flugs deckt sie romantisch den Tisch für drei Personen und begibt sich in die Küche, um  ihre Lieben mit einem ihrer Lieblingsgerichte zu bekochen.

Das Essen ist fast fertig, da sie hört, wie die Haustür geöffnet wird. „Hallo Schatz, wie kommen wir denn zu dem freien Abend mitten in der Saison?“, hört sie Nils brummen. „Mein Chef war völlig überrumpelt, aber da es von ganz oben angeordnet wurde….“ Den Geräuschen nach legt er den Mantel ab und zieht die Schuhe aus. Kurze Zeit später erscheint er im Türrahmen zur Küche. Passend zu seiner blauen Wichtelmütze, hat er ein blaues Shirt und eine blaue Stoffhose an. Er sieht einfach hinreißend aus.

„Mhh, hier riecht es appetitlich.“, sagt er und streckt die Finger schon aus, um den nervösen Topfgucker zu spielen. Dina klopft ihm auf die Finger und sagt: „Bitte geh ins Wohnzimmer und mach uns den Kamin an. Ich möchte den überraschenden freien Abend romantisch begehen.“

Als Nils gerade das Feuer entfacht hat, wird wieder die Haustür geöffnet. Sven stürzt herein. „Entschuldigt bitte, mein Chef wollte das mit dem freien Abend nicht glauben und hat die Chefsekretärin vom Weihnachtsmann angerufen. Erst nach dieser Bestätigung durfte ich gehen. Womit haben wir uns diesen freien Abend denn verdient, meine Lieben?“  „Weiß ich noch nicht,“, antwortet Nils, „aber das wird sie uns bestimmt beim Essen verraten.“

Der ganz in grün gekleidete Sven betritt ebenfalls das Wohnzimmer. Dina trägt die Vorspeise auf – Tomate-Mozzarella und setzt sich zu den beiden an den Tisch. „Sven, Liebling, wärst Du so lieb, den Wein zu öffnen und die Kerzen anzuzünden?“, fragt sie. Als sie nun so zusammensitzen und essen, beginnt Dina zu erzählen. „Ich habe Euch doch von der Idee des regenbogenfarbenen Weihnachtsmanns erzählt. Diese habe ich in die Tat umgesetzt, aber Lars war nicht so begeistert. Ich finde aber die Diversity-Kampagne so wichtig, dass ich zum Weihnachtsmann gegangen bin und versucht habe, ihn zu überzeugen. Ob das gelungen ist, kann ich Euch noch nicht sagen, aber er hat uns auf jeden Fall diesen Abend geschenkt und wir sollten das Beste daraus machen.“

Nils starrt Dina entsetzt an: „Heißt das der Weihnachtsmann weiß, das wir drei …“ „Ja, aber das wusste er schon, ich habe es ihm nicht erzählt“, unterbricht Dina ihn. „Die Sekretärin hat meinem Chef auch nur gesagt, dass der Weihnachtsmann mir heute Abend frei gegeben hat und nicht warum oder mit wem…“, beginnt Sven. „Ich glaube, wenn wir uns nicht outen wollen, wird er das nicht tun.“, beendet Dina die Diskussion, „Und nun ist Zeit für die Hauptspeise – Nudeln mit Walnuss-Sahne-Sauce.“

Bald schon ist der Schreckmoment vergessen und sie unterhalten sich, scherzen und genießen das Essen. Nach dem Essen, zu dem Dina auch noch Vanillepudding als Nachtisch gezaubert hat, mit dem die Drei sich gegenseitig gefüttert haben, lockt Dina die beiden auf die Couch zum ruhigen DVD-Abend. Das Feuer knistert im Kamin und Nils hat eine Sektflasche geöffnet und ihnen eingeschenkt.

Wohlig kuscheln sich die drei Wichtel auf der Couch zusammen unter eine Kuscheldecke und sie genießen die unverhoffte gemeinsame Zeit mit Harry-Potter-Filmen.

Nach dem Gespräch mit Dina war der Weihnachtsmann zum Chef der Schokoladenmanufactur geeilt, um diesem vor Augen zu führen, weshalb Dina die Diversity-Kampagne so am Herzen liegt. Er hat Lars die Szene in Dinas Haus gezeigt. Nun haben sich die beiden zurückgezogen und besprechen bei einem guten Tropfen die Situation. Verstehst Du nun, warum ihr der Diversity-Weihnachtsmann so wichtig ist? Sie will, dass ihre Form des Zusammenlebens genauso anerkannt wird wie meine oder auch wie Deine.“ Lars errötet bis unter die Haarspitzen. „Keine Angst, Dein Geheimnis ist bei mir sicher und ich gehe davon aus, dass Du Dinas Geheimnis ebenso hüten wirst. Denk heute Abend nochmal über Dinas Schokoladen-Weihnachtsmann-Vorschlag nach und entscheide morgen, wie Du damit umgehen möchtest.“

Am nächsten Morgen sammelt Lars alle bunten Schokoladen-Weihnachtsmänner ein und bringt sie in sein Büro. Dann lässt Dina zu sich kommen. Mit fachmännischem Blick betrachtet Lars Dinas Werkstücke und sagt dann: „Die sehen eigentlich ganz interessant aus. Warum sollte der Weihnachtsmann auch immer Coca-Cola-rot tragen? Von mir aus kannst Du die Kostüme des Weihnachtsmanns ab sofort so gestalten, wie Du es magst, vielleicht kommen ja ein paar blaue, grüne, rote oder eben auch bunte dabei heraus. Abnehmer werden sich für alle finden lassen.“

Schöne Weihnachtszeit Euch allen.

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