DAMALS
von Katja von der Warth
„Was schaust Du von da oben auf mich herab? Komm doch lieber wieder runter, mit Dir war es Weihnachten immer so viel schöner.“, flüsterte sie seinem Bild zu. Mit Tränen in den Augen sah sie sein Bild an. Es war das erste Weihnachtsfest ohne ihn, war er doch nach 58 Ehejahren eines Morgens einfach nicht mehr aufgewacht. Ein Schock für sie.
Sie dachte zurück an die unzähligen gemeinsamen
Weihnachtsfeste, zuletzt im Kreise ihrer Enkel und Kinder. Auch in diesem Jahr
hatten ihre Nachkommen sie besucht, aber nur kurz, mehr war hier im Heim nicht
drin.
In Gedanken ließ sie auch einige andere Weihnachtsfest
vorbeiziehen. Sah ihre Kinder in jungen Jahren mit glänzende, Augen vor dem
Baum. Hörte das schlechte Flötenspiel ihrer Töchter und sah die Katze wieder in
den Baum springen.
Ganz besonders erinnerte sie sich aber an das erste
Weihnachtsfest mit ihrem Mann in der ersten gemeinsamen Wohnung. Um diese
Wohnung zu erhalten, hatten sie extra wenige Wochen vorher geheiratet…. Lange
ist es her.
Der Abend war wunderschön gewesen. Sie hatten Frank Sinatra
gehört, das eine oder anderen Glas Wein getrunken und die echten Kerzen am
Weihnachtsbaum beobachtet. Liebevolle kleine Geschenke hatte es gegeben, nichts
so Großes und Extravagantes wie es neuerdings Usus war. In liebevoller neuer
Gemeinschaft hatten sie ganz für sich den Heiligen Abend verbracht, ohne
Störungen.
Auch heute noch spürte sie noch diese Verbundenheit mit ihm,
diese Liebe, die sie auch damals verbunden hatte. Sie nahm seine Bild in die
Hand und drückte es an sich.
Am Morgen des 25.12. fand die junge Pflegerin, die alte Dame
selig lächelnd in ihrem Bett vor. Das Bild ihres geliebten Mannes in den Händen
war sie in der Nacht sanft entschlafen und hoffentlich nun wieder mit ihrem
Manne im Himmel vereint.